Die neueste Errungenschaft in unserem Bundesland ist der internationale Frauentag als gesetzlicher Feiertag. Nun mag es ja sein, dass man als ehemalige Westdeutsche aus Unkenntnis diese Einrichtung nicht recht zu wür¬digen weiß. Aber zu denken gibt es einem schon, wenn es diesen Feiertag lediglich in den Bundesländern Berlin und Mecklenburg-Vorpommern gibt.
Also macht man sich kundig und findet im Internet einen Aufruf des DGB zum Internationalen Frauentag 2023:
„… Der Internationale Frauentag ist im Bundesland Berlin sowie in Mecklenburg-Vorpommern ein gesetzlicher Feiertag, in den übrigen Bundesländern jedoch (noch) nicht.
Das Motto des Internationalen Frauentags 2023 lautet: „Wer Fachkräfte sucht, kann auf Frauen nicht verzichten!„.
„Liebe Kolleg*innen,“ [Anmerkung: Ich dachte, es ist ein Frauentag? Es geht weiter:]
„angesichts der Herausforderungen durch Energiekrise, Klimawandel, fortschreitende Digitalisierung und demographische Entwicklung hat die Debatte um die Transformation der Wirtschaft und die Sicherung von Fachkräften an Fahrt aufgenommen. Die Geschlechterperspektive kommt dabei in der Regel zu kurz – und das obwohl bei den Frauen, die aufgrund von familiärer Sorgearbeit in prekärer Beschäftigung, in Teilzeit oder gar nicht (mehr) erwerbstätig sind, ein enormes Beschäftigungspotenzial liegt. Dieses Potenzial nicht zu nutzen, können sich Wirtschaft und Gesellschaft längst nicht mehr leisten!“
[Anmerkung: Wieso “gar nicht (mehr) erwerbstätig“, was ist denn damit gemeint? Und dann: Wirtschaft und Gesellschaft kann es sich nicht mehr leisten? Geht es nicht um die Bedürfnisse der Frauen?]
„Als Gewerkschaften appellieren wir an Arbeitgeber*innen…“ [Anmerkung: Schon wieder! Es scheinen offensichtlich doch nicht nur Frauen gemeint zu sein. Wie widersinnig ist das denn?]
„…und politisch Verantwortliche, endlich die Hürden für Frauen im Erwerbsleben zu schleifen. Ihre gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsmarkt muss sichergestellt werden – auch als Voraussetzung für eine nachhaltige Wirtschaft und eine zukunftssichere Gesellschaft. Denn eins steht fest: Der Fachkräftemangel droht zum Bremsschuh des Wandels zu werden und wird ohne Frauen nicht zu beheben sein.“ […Wieder geht es um Wirtschaft und Gesellschaft, wo bleiben dann eigentlich die Frauen? Aber dann doch:]
…“Wer Fachkräfte sucht, kann auf Frauen nicht verzichten!
Wir fordern:
-
- Arbeitszeiten, die zum Leben passen und Frauen wie Männern die gleichen Mög-lichkeiten eröffnen, erwerbstätig zu sein und gleichzeitig Verantwortung für Familie und Hausarbeit zu übernehmen;
- Umverteilung von Sorgearbeit und Stärkung von Partnerschaftlichkeit, durch den Ausbau der Partnermonate und eine zehntägige, bezahlte Freistellung für Väter und zweite Elternteile rund um die Geburt eines Kindes sowie flächendeckende und bedarfsgerechte Betreuungsangebote für Kinder und Pflegebedürftige;“ [Anmerkung: Das ist gut, Kinder und Pflegebedürftige gibt es auch noch. Die werden abgegeben?]
- existenzsichernde Einkommen durch Stärkung von Tarifbindung und Aufwertung der Berufe in frauendominerten Branchen, damit sich Erwerbsarbeit für Frauen lohnt und finanzielle Sicherheit bietet – auch in Krisenzeiten;
- Schließen der Lohnlücke, u. a. durch die Pflicht für Betriebe und Verwaltungen, ihre Entgeltpraxisregelmäßig regelmäßig zu überprüfen, damit Kolleg*innen nicht benachteiligt werden;“ …[Die vielen Sternchen geben mir nicht den Hinweis, dass es hier wirklich um Frauenrechte geht.“] …
- Beseitigung von Fehlanreizen im Steuersystem durch die Abschaffung der Lohnsteuerklasse V und eine Reform der Minijobs mit dem Ziel, alle Beschäftigungsverhältnisse ab der ersten Arbeitsstunde sozial abzusichern,
- Gleichstellungscheck für alle politischen Vorhaben, damit sie den unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten von Frauen und Männern gerecht werden und die Gleichstellung vorantreiben.“ [… Also doch irgendwelche Unterschiede?]
Am Internationalen Frauentag 2023 blicken wir Frauen im Deutschen Gewerkschaftsbund den Herausforderungen unserer Zeit mutig entgegen. Gerade in Krisenzeiten kämpfen wir gemeinsam und mit voller Kraft für die Gleichstellung von Frauen am Arbeitsmarkt und ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit. Denn für uns ist klar: Wer Fachkräfte sucht, kann auf Frauen nicht verzichten!
Elke Hannack, stellvertretende DGB-Vorsitzende“
Natürlich kann man auf Frauen nicht verzichten. Aber wirklich nur als Ersatz für fehlende Arbeitskräfte?
Es sind hauptsächlich Frauen, die an der Kasse in den Supermärkten sitzen. In unserem Bundesland dürfen sie gern im Sommer an den Sonntagen arbeiten: wegen Bäderordnung. Die Urlaubsgäste kommen und können offensichtlich nicht ihre Erstausstattung hinsichtlich Lebensmittel mitbringen.
Ein Tag – der Sonntag, mit der Familie, mit Kindern und Ehepartner – steht in keiner der o.a. Forderungen zur Debatte. Es geht um Arbeit, Arbeit, Arbeit, Wirtschaft und Gesellschaft. Ja Frauen sind für die Gesellschaft wichtig, auch als Mütter und Erzieherinnen ihrer Kinder. Es wird die demografische Entwicklung angeführt. Wie soll das Problem gelöst werden, wenn für die heranwachsende Generation nicht gesorgt, sondern sie nur „abgegeben“ wird. Die Mutter bekommt mal eben schnell zwischendurch ein Kind und geht dann wieder zur Arbeit. Ist das wirklich eine erstrebenswerte Perspektive für Frauen?
Natürlich möchten Frauen eine sinnvolle Arbeit tun, die ihnen Freude macht, und sie möchten gleichberechtigt behandelt und bezahlt werden. Aber wenn man Ihnen nicht eine Auszeit für die Familie gönnt, wird es mit dem demografischen Wandel kaum etwas werden. Da kann sich der Vater noch so gut an der häuslichen Arbeit beteiligen. Kinder – die Zukunft für unsere Gesellschaft – bleiben unweigerlich auf der Strecke.
Bündnis C fordert als Alternative für Frauen ein bedingtes Grundgehalt während der ersten drei Erziehungsjahre. Dabei bleiben Väter nicht ausgespart, wenn sie diese Zeit für die Kinder übernehmen.
Was aber dem Fass den Boden ausschlägt sind die Sternchen. Wenn dieser Tag wirklich ein Frauentag sein soll, dann kann es wohl kaum um weitere „Geschlechter“ gehen. Dann wird der Ausspruch eines Büttenredners während einer Karnevalsveranstaltung wahr, wenn er sagt: „Wenn wir uns das Geschlecht aussuchen können, dann gewinnen die Männer immer.“
Ute Büchkens-Schmidt
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